Der Tag, an dem wir ein Schriftstück tatsächlich zur Kenntnis nehmen, stimmt nicht immer mit dem Tag der Zustellung überein. Bei Dokumenten, in welchen eine Frist festgelegt ist, die mit Zustellung zu laufen beginnt, ist dies von großer Bedeutung und kann zu Rechtsnachteilen führen. Fast jeder kennt die Situation: Man ist nicht zuhause und erwartet wichtige Post. Für solche Fälle gibt es die Zustellung durch Hinterlegung. Doch an diese sind strenge Voraussetzungen geknüpft. Wann gilt die Zustellung in diesem Fall als bewirkt und worauf kommt es an? Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) wurde vor Kurzem mit einem Fall befasst, wo es um die Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 Zustellgesetz (ZustG) ging.

Der Sachverhalt

Mit Schreiben wurde dem Revisionswerber eine Internationale Zulassungsurkunde für Sportfahrzeuge übermittelt. Die Gültigkeit der Zulassung war darin (mit vier Jahren) befristet. Das Schreiben und die Zulassungsurkunde wurden an die amtsbekannte Wohnadresse des Revisionswerbers gesandt und laut Postrückschein nach einem Zustellversuch beim Postamt hinterlegt. Eine Verständigung über die Hinterlegung wurde nach den Angaben am Postrückschein in der Abgabeeinrichtung eingelegt.

Nach Ablauf der Gültigkeitsfrist der Zulassung beantragte der Revisionswerber die Erteilung einer neuen Zulassungsurkunde, deren Gültigkeitsdatum in der Zukunft liegt. Er begründete seinen Antrag damit, dass ihm die erste Zulassungsurkunde wegen Ortsabwesenheit von der Abgabestelle nie rechtswirksam zugestellt wurde. Der Zustellmangel wurde seiner Ansicht nach auch nie geheilt, weswegen auch die in der Zulassung vorgesehene Frist nie zu laufen begonnen hatte. Sollte jedoch von einer rechtswirksamen Zustellung ausgegangen werden, beantrage der Revisionswerber hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil er keine Hinterlegungsanzeige für die Sendung vorgefunden hatte.

Rechtliche Beurteilung

Unabdingbare Voraussetzung einer Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 (3) ZustG ist die in § 17 (2) ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige). Unterbleibt die Hinterlegungsanzeige, so tritt eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung nicht ein. Ein ordnungsgemäßer Zustellnachweis ist eine öffentliche Urkunde und damit auch ein Beweis für die Zustellung, wobei ein Gegenbeweis möglich ist. Ob eine Hinterlegungsanzeige in das Postfach des Revisionswerbers eingelegt wurde, musste beurteilt werden, bevor die Rechtswirksamkeit der Zustellung bejaht wurde. Dies geschah im vorliegenden Fall jedoch nicht.

Schon die Ortsabwesenheit des Revisionswerbers von der Abgabestelle konnte einer rechtswirksamen Zustellung entgegenstehen. Die Zustellung durch Hinterlegung gilt gemäß § 17 (3) zweiter Satz ZustG nämlich nicht als bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Die Zustellung wird im Übrigen nur dann an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden konnte, wenn die Rückkehr innerhalb der Abholfrist erfolgte. Dass diese Voraussetzung im gegenständlichen Fall erfüllt waren, ergab sich nicht.

Zu beachten war im vorliegenden Fall noch, dass sich der Revisionswerber über mehrere Jahre hinweg nicht über den Verbleib der Zulassungsurkunde erkundigt hatte. Das war verwunderlich, da er diese stets mitführen hätte müssen, um das Fahrzeug in Betrieb zu nehmen. Trotz eigenem Interesse des Revisionswerbers konnte nicht auf eine Erkundigungspflicht geschlossen werden. Die unterbliebenen Erkundigungen nach Rückkehr von seinem Urlaub führten nach Ansicht des VwGH nämlich nicht dazu, dass allein deshalb von einer rechtswirksamen Zustellung der Zulassungsurkunde ausgegangen werden konnte. Die Revision war daher zulässig und begründet (veröffentlicht in VwGH Ra 2020/03/0101).

 

Fazit: Eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung gemäß § 17 (3) ZustG tritt nicht ein, wenn die Hinterlegungsanzeige unterbleibt. Zwar ist ein ordnungsgemäßer Zustellnachweis als öffentliche Urkunde Beweis für die Zustellung, allerdings ist der Gegenbeweis möglich. Erkundigt man sich nicht nach dem Verbleib der jeweiligen Postsendung, so kann allein deshalb nicht von einer rechtswirksamen Zustellung ausgegangen werden. Zustellmängel sollten so früh wie möglich erkannt und behoben werden, sodass es nicht zu Unannehmlichkeiten (Verfristungen) kommt.

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