Ziel des Corona-Hilfsfonds ist die rasche Bereitstellung finanzieller Mittel für Unternehmen, denen wegen der Corona-Krise Liquidität fehlt. Fixkostenzuschüsse sollen das wirtschaftliche Überleben der Unternehmen sichern. Auch Geschäftsraummieten sind erfasst, doch diese stehen nicht ohne weiteres zu. Kommen sie wirklich als „Lösung“ des Konflikts (Konträre Standpunkte – Was wurde bisher entschieden? (immobilienrecht-klagenfurt.at) in Betracht?
Fixkostenzuschüsse für Geschäftsraummieten werden der Fixkostenzuschuss-Richtlinie zufolge nur insoweit gewährt, als der Mietzins nicht gemindert werden konnte und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit steht. Als Voraussetzung für die Gewährung des Fixkostenzuschusses trifft die Unternehmen eine „Schadensminderungspflicht“. Sie müssen also nachweisen können, dass sie vor Antragstellung zumutbare Maßnahmen gesetzt haben, um die mit dem Zuschuss zu deckenden Fixkosten zu reduzieren. Zur Beurteilung dieser Frage wird auf jenen Zeitpunkt in der COVID-19 Krise abgestellt, in dem das Unternehmen die Maßnahme gesetzt hat oder setzen hätte können.
Im Zusammenhang mit Geschäftsraummiete ist in den aktualisierten FAQ’s des Ministeriums zum Fixkostenzuschuss (Stand 16.06.2020) nun zu lesen, dass es dem Geschäftsraummieter zumutbar sei, den Vermieter zu ersuchen, den Mietzins bei gänzlicher Unbenutzbarkeit des Bestandobjekts zu erlassen und bei beschränkter Benutzbarkeit zu reduzieren. Nicht zumutbar sei es hingegen, den Mietzins gegen den Willen des Vermieters einseitig auszusetzen oder zu reduzieren. Einige Vermieter gehen darauf ein, andere lehnen das strikt ab. Geht man davon aus, dass die COVID-19 Pandemie ein Anwendungsfall der §§ 1104f ABGB ist (lesen Sie dazu unseren Beitrag Müssen Vermieter coronabedingt massive Zinsausfälle hinnehmen? (immobilienrecht-klagenfurt.at), ist im Einzelfall häufig unklar, ob ein Anspruch auf gänzliche oder bloß teilweise Reduktion des Bestandzinses besteht, sodass die Rechtslage oft nicht eindeutig ist.
In der Praxis ist nun die Tendenz zu erkennen, dass viele Vermieter das Recht der Zinsminderung des Mieters deshalb kategorisch ablehnen, weil die Mieter im Rahmen des Corona-Hilfsfonds ohnehin einen Fixkostenzuschuss bekommen würden. Diese Argumentation ist in rechtlicher Hinsicht kritisch zu hinterfragen, denn ein derartiger Vorteilsausgleich, wie er dem Schadenersatzrecht bekannt ist, ist bei der Berechnung der Zinsminderung grundsätzlich nicht vorgesehen. Davon abgesehen setzen Zuschüsse für Geschäftsraummieten gerade voraus, dass der Mietzins nicht reduziert werden konnte. Konnte der Mietzins gemindert werden, steht dafür auch kein oder nur ein geringerer Zuschuss zu.
Schon nach ihrem Zweck sollen diese Zuschüsse also dem Mieter helfen und nicht dem Vermieter entgangenen Mietzins ersetzen. Darüber hinaus kann die Gewährung eines staatlichen Zuschusses zu den Fixkosten des Mieters wohl auch nicht von der Reaktion des Vermieters abhängen. Bestandgeber können bei Erfüllung der Voraussetzungen selbst Fixkostenzuschüsse beantragen.
OGH entschied schon 1915
Bemerkenswert ist, dass zu dieser Thematik der Oberste Gerichtshof (OGH) bereits im Jahr 1915 (veröffentlicht im Plenissimarbeschluss vom 24. 8. 1915 Nr. 453/15) Stellung bezogen hat. Das Höchstgericht legte dar, dass die Regelung des § 1104 ABGB auch dann keine Einschränkung erleidet, „wenn dem Mieter aus privaten oder öffentlichen Mitteln Mietunterstützungen“ gewährt worden sind, weil es „an jedem gesetzlichen Grunde mangelt, diese Zuwendungen oder deren Wert dem Vermieter als gänzlichen oder teilweisen Ersatz für den ihm entgangenen Mietzins zukommen zu lassen“.
Fazit: Um auch in Krisenzeiten „überleben“ zu können, wurden Unternehmen Fixkostenzuschüsse aus dem Corona-Hilfsfonds zugesagt. Auch Geschäftsmieten sind förderbar. Insgesamt spricht viel dafür, dass sich ein Mieter diese Zuschüsse nicht auf die Mietzinsminderung anrechnen lassen muss – auf den Umfang der Mietzinsbefreiung wirkt sich der Zuschuss tendenziell nicht aus. In der Praxis wird (zumindest derzeit) das Problem (Auswirkungen von COVID-19 auf das Bestandsrecht? (immobilienrecht-klagenfurt.at) nicht durch staatliche Hilfsgelder gelöst – Entwicklungen in der Rechtsprechung bleiben also weiterhin spannend.
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