§16 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) regelt die Nutzung, Änderung und Erhaltung des Wohnungseigentumsobjekts. Nach Abs 2 ist der Wohnungseigentümer unter gewissen Voraussetzungen zu Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt. Manche Umgestaltungen sind genehmigungsbedürftig, bloß bagatellhafte Änderungen werden von der Bestimmung allerdings nicht erfasst. Wann liegt „Bagatellhaftigkeit“ vor und was ergibt sich aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zu diesem Begriff?

Zur Abwehr eigenmächtig vorgenommener Änderungen im Sinne des § 16 Abs 2 WEG durch einen Wohnungseigentümer steht es jedem einzelnen Mit- und Wohnungseigentümer zu, mittels einer Eigentumsfreiheitsklage einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch geltend zu machen. Dafür genügt schon die bloß abstrakte Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen. Im Streitverfahren hat der Richter ausschließlich über die Genehmigungsbedürftigkeit der beanstandeten Änderung zu entscheiden. Zu beachten ist, dass bloß bagatellhafte Umgestaltungen nicht dem Änderungsbegriff nach § 16 Abs 2 WEG unterliegen.

OGH zur „Bagatellhaftigkeit“

Wann eine Umgestaltung bloß „bagatellhaft“ ist, hatte der OGH schon mehrfach zu beurteilen. Nach seiner jüngsten Rechtsprechung ist beispielsweise der bloße Austausch einer vorhandenen gegen eine neue Gasleitung bagatellhaft, nicht jedoch die Verlegung des Lüftungsrohrs um 4,5 m samt Durchbruch der Außenwand des Gebäudes (veröffentlicht in OGH 5 Ob 85/20s).

Es gibt bereits zahlreiche Einzelfallentscheidungen, in welchen der OGH die „Bagatellhaftigkeit“ einer Änderung und damit zusammenhängend deren Genehmigungspflicht nach § 16 Abs 2 WEG zu beurteilen hatte. Schon im Jahr 1997 ging der Gerichtshof davon aus, dass das Vorliegen einer „Änderung“ im Sinne des § 16 Abs 2 WEG bei einer bagatellhaften Umgestaltung verneint werden kann (veröffentlicht in OGH 5 Ob 402/97x).

Umgehungsversuche?

In den letzten Jahren ist jedoch ein enormer Anstieg von Fällen zu beobachten, in denen beklagte Wohnungseigentümer mit mehr oder weniger guten Argumenten versuchen, die grundsätzlich bestehende Genehmigungspflicht von Änderungen unter dem Titel der Geringfügigkeit zu umgehen. Doch das Höchstgericht verfolgt in diesem Punkt eine klare Leitlinie. So wurden unlängst die Errichtung eines Wintergartens auf einer zum Wohnungseigentums-Objekt der Beklagten gehörenden Dachterrasse (veröffentlicht in OGH 5 Ob 154/19m) oder die Zusammenlegung von zwei Zimmern zu einer Kleinwohnung (veröffentlicht in 5 Ob 248/18h) als genehmigungspflichtige Änderungen im Sinne des § 16 Abs 2 WEG, die Errichtung eines Zaunes und die bloß geringfügige Verlängerung einer Gartenmauer innerhalb des zur alleinigen Nutzung zugeordneten Gartenanteils (veröffentlicht in OGH 5 Ob 84/18s) hingegen als bagatellhafte Umgestaltungen beurteilt.

Fazit: Änderungen an Wohnungseigentumsobjekten dürfen auf Kosten der Wohnungseigentümer vorgenommen werden, wobei Genehmigungspflichten beachtet werden müssen. Dem Versuch, eine solche Pflicht mit dem Argument der Bagatellhaftigkeit zu umgehen, ist der OGH stets mit einer klaren Leitlinie begegnet. Wann eine Änderung als bagatellhaft anzusehen und damit von der Genehmigungspflicht des § 16 Abs 2 WEG ausgenommen ist, muss stets im Einzelfall entschieden werden. Unserer Ansicht nach ist dem OGH auch in seiner jüngsten Rechtsprechung, wie in den bisher zu diesem Thema ergangenen Entscheidungen, allgemein ein sehr gutes Augenmaß anzuerkennen.

 

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