Derzeit plagt eine Hitzewelle weite Teile Südeuropas und macht auch vor beliebten Urlaubszielen nicht Halt. Es gibt Temperaturen weit über der 40-Grad-Marke und einige Waldbrände haben große Schäden angerichtet. Viele Urlauber stellen sich daher die Frage, ob ein Rücktritt von einer bevorstehenden Reise in betroffene Gebiete möglich ist, welche Voraussetzungen dafür vorliegen müssen und ob Kosten entstehen können.

Rücktritt von Pauschalreise?

Wurde ein klassischer „Strandurlaub“, also ein Flug samt Unterkunft, zu einem Gesamtpreis gebucht, so handelt es sich dabei meist um eine Pauschalreise. Bezüglich einer etwaigen Rücktrittsmöglichkeit sind die Bestimmungen des Pauschalreisegesetzes (PRG) anzuwenden. Grundsätzlich hat der Reiseveranstalter im Rücktrittsfall Anspruch auf eine angemessene Entschädigung (Stornogebühr) nach § 10 Absatz 1 PRG. Diese entfällt allerdings, wenn am Urlaubsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen.

Hitze als Grund für kostenfreie Stornomöglichkeit?

Durch die im Süden Europas vorherrschende Hitzewelle kann die Reise schon per se beeinträchtigt werden, damit einhergehende Waldbrände sind eine zusätzliche Gefahr. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat sich daher mit der Frage befasst, ob tatsächlich beide Szenarien die Voraussetzungen für ein kostenfreies Storno erfüllen. Ist mehrere Stunden täglich mit Temperaturen über 40-Grad zu rechnen, so ist dies jedenfalls zu viel für ein erholsames Sonnenbad. Dies kann allerdings, so das Höchstgericht, nicht dem Reiseveranstalter angelastet werden, sondern fällt unter das allgemeine Lebensrisiko des Reisenden. Überdurchschnittlich hohe Temperaturen sind nämlich kein reisespezifisches Risiko, sondern können gleichermaßen auch im privaten Bereich, etwa hierzulande, auftreten. Hitze am Urlaubsort scheidet somit als Rücktrittsgrund gleichermaßen aus wie etwa Schneemangel im Winterurlaub.

Anders verhält es sich nach Ansicht des Gerichtshofs, wenn Umwelteinflüsse in Naturkatastrophen münden. Wüten Brände am Urlaubsort oder in dessen unmittelbarer Nähe, so wird dadurch die Grenze des allgemeinen Lebensrisikos überschritten. Der Reisende hat in derart bedrohlichen Fällen grundsätzlich die Möglichkeit, kostenlos zu stornieren. Eine offizielle Reisewarnung des Außenministeriums ist dafür nicht erforderlich, das Rücktrittsbegehren kann nämlich auch mit anderen Indizien, wie etwa mit seriösen Medienberichten, untermauert werden. Haben die Brände das Urlaubsziel jedoch (noch) nicht erreicht, so bedarf es für das kostenlose Rücktrittsrecht einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit, dass das Urlaubsgebiet bis zum Reiseantritt ebenfalls betroffen sein wird.

Rücktrittsrecht auch für den Reiseveranstalter?

Zu beachten ist außerdem, dass auch dem Reiseveranstalter aus dem soeben geschilderten Grund ein Rücktrittsrecht zukommt. Der Reisende kann in diesem Fall keinen Schadenersatz (etwa wegen entgangener Urlaubsfreude) vom Veranstalter fordern. Zuletzt weist der OGH noch darauf hin, dass der Veranstalter dem Reisenden ein Alternativhotel abseits der brandgefährdeten Gebiete anbieten könnte. In diesem Fall ist der Reisende nicht verpflichtet, dieser „erheblichen Leistungsänderung“ zuzustimmen. Vielmehr ist er wiederum berechtigt, kostenlos zu stornieren (veröffentlicht in OGH 6 Ob 145/04y; siehe dazu auch HG Wien 50 R 65/08b).

Fazit: Beim Pauschalurlaub zählt ungewöhnliche Hitze allein zum allgemeinen Lebensrisiko. Anderes gilt für Naturkatastrophen, wie Brände am oder nahe dem Urlaubsort:  Sie überschreiten die Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos, sodass der Reisende in derart bedrohlichen Fällen grundsätzlich die Möglichkeit hat, kostenlos zu stornieren. Eine offizielle Reisewarnung des Außenministeriums ist dafür nicht erforderlich. Aber Achtung: Auch dem Reiseveranstalter kommt aus solchen Gründen ein Rücktrittsrecht zu. In diesem Fall kann zwar kein Schadenersatz gefordert werden, jedoch muss eine angebotene Alternative auch nicht angenommen werden.

 

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