Die Eigentümer benachbarter Grundstücke haben bei der Benutzung derselben aufeinander Rücksicht zu nehmen. Einwirkungen des Nachbarn auf das eigene Grundstück etwa durch Abwässer, Rauch, Geruch, Geräusche usw. (sogenannte „Immissionen“) müssen nur dann geduldet werden, wenn diese Einwirkungen das ortsübliche Ausmaß nicht überschreiten. Die Beurteilung der Ortsüblichkeit richten sich nach dem Einzelfall, wobei sich die Ortsüblichkeit weniger an politischen Gemeinde- oder Bezirksgrenzen orientiert, sondern an der näheren Umgebung.
Im aktuellen Fall feuerte der Sohn des Beklagten zu Silvester mehrere handelsübliche Silvesterraketen ab. Am Tag darauf fand der benachbarte Landwirt die Reste von zwei Raketen (Holzstab, Plastikummantelung) auf seinem Grundstück. Die Reste von acht weiteren Raketen fand er bei den ersten Mäharbeiten auf seinem Grundstück. Das Heu verwendet er als Futter für seine Tiere. Bleiben Silvesterraketenteile unbemerkt im Heu, besteht die Gefahr, dass der Verdauungstrakt der Tiere verletzt wird. Der Landwirt klagte seinen Nachbarn deshalb auf Unterlassung.
Der Beklagte, von dessen Grundstück aus die Raketen abgefeuert worden waren, berief sich darauf, dass kein unzumutbarer Eingriff in das Eigentumsrecht des Landwirts vorliege, weil das Abfeuern von Silvesterraketen den Charakter eines ortsüblichen Brauchtums habe.
Der Oberste Gerichtshof wies darauf hin, dass das Abschießen von Raketen nicht als solches unzulässig sei. Unzulässig sei allerdings die Einwirkung auf das Grundstück des Landwirts. Der Verpflichtung, nicht auf das Grundstück des Nachbarn einzuwirken, kann beim Abschießen der Raketen nämlich durch zumutbare organisatorische Maßnahmen Rechnung getragen werden.
Werden Silvesterraketen also so abgefeuert, dass Plastikreste auf dem landwirtschaftlichen Grundstück eines Nachbarn liegen bleiben und die Gefahr besteht, dass der Verdauungstrakt seiner Tiere verletzt wird, kann der Nachbar verlangen, dass das Abschießen von Silvesterraketen unterlassen wird (vgl. 10 Ob 74/19 h, OGH 17.12.2019).