In der Praxis kommt es oft zum Streit darüber, was Vermieter hinnehmen müssen und wann sie Störer vor die Tür setzen können. Vermeintliche „Kleinigkeiten“ können für die Mitmieter im Alltag äußerst störend und belastend sein, wenn ein gewisses Ausmaß überschritten wird. Der OGH hat sich unlängst mit der Frage befasst, wann unleidliches Verhalten im Sinne des Mietrechtsgesetzes (MRG) vorliegt und damit die vielfältige Judikatur zu dieser Form der Kündigung aus wichtigem Grund um eine Facette reicher gemacht.
Zum Sachverhalt
Eine Mieterin machte sich in ihrem Haus unbeliebt. Sie goss ihre Balkonblumen so üppig, dass auch der Balkon darunter nass wurde. Auch andere Vorwürfe motivierten die Vermieter zur Kündigung. Beispielsweise fielen Gegenstände auf den darunterliegenden Balkon. Ein weiterer Streitpunkt war auch das Lüften am Gang, was die Mieterin geradezu „exzessiv“ betrieben hatte und es vor allem im Winter dazu kam, dass es in anderen Wohnungen trotz Beheizung kalt wurde. Für den OGH stellte sich die Frage, ob ein unleidliches Verhalten im Sinne des § 30 (2) Z 3 zweiter Fall MRG vorliegt und eine Kündigung gerechtfertigt ist.
Rechtliche Beurteilung
Dass beim Gießen von Balkonpflanzen Wasser daneben oder über den Pflanzen-(unter-)topf rinnt, lässt sich nicht immer vermeiden. Vom Mieter kann zwar gefordert werden, dass er seine Pflanzen nicht gerade dann gießt, wenn Nachbarn unter ihm ihre Freifläche nutzen und durch herabtropfendes Wasser gestört werden könnten. Dass die Beklagte ihre Pflanzen gerade dann goss, wenn sich Personen auf dem unter ihrer Wohnung gelegenen Balkon aufhielten, haben die Kläger jedoch nicht behauptet. Von einem Mieter kann nämlich sehr wohl verlangt werden, darauf zu achten, dass die Mitbewohner durch die Bewässerung nicht direkt in Mitleidenschaft gezogen werden. Es muss stets eine Gesamtbetrachtung erfolgen. Im vorliegenden Fall reichte das Gießen der Pflanzen, einzig mit dem Argument, dass dabei manchmal Wasser auf den darunter befindlichen Balkon läuft, nicht für eine Kündigung aus.
Ein ernst zu nehmender Vorwurf war allerdings jener, dass die Beklagte geradezu „exzessiv“ am Gang lüftete. Es wurde festgestellt, dass sie teilweise stundenlang Gangfenster, auch im Winter, öffnete, wodurch es in einer anderen Wohnung trotz Beheizung kalt wurde. Zwar muss kurzes Stoßlüften auch im Winter hingenommen werden, es lag jedoch ein Dauerverhalten vor, welches nach Ansicht des OGH nicht mehr akzeptabel war.
Der OGH erinnerte außerdem daran, dass ein behauptetes unleidliches Verhalten nach § 30 (2) Z 3 zweiter Fall MRG nur bei einer erheblichen Störung des friedlichen Zusammenlebens zur Kündigung berechtige. Lässt die Mieterin, wie in diesem Fall nach einer Abmahnung von ihren Exzessen ab, oder ändert sich die Gesamtsituation, weil Fenster beispielsweise im Winter versperrt werden, so ist dies besonders wesentlich. Alles in allem war das Verhalten der Mieterin also für eine Kündigung nicht unleidlich genug. Dass sie vorerst glaubte, zum „exzessiven“ Lüften berechtigt zu sein, ändert daran nichts (veröffentlicht in OGH 1 Ob 113/20d).
Fazit: Wohnungsmieter, die sich gegenüber Mitbewohnern sehr schlecht benehmen oder die das Mietobjekt (schwer) beschädigen, können nach dem MRG gekündigt werden. Das Gießen von Balkonblumen, einzig mit dem Argument, dass dabei manchmal Wasser auf den darunter befindlichen Balkon läuft, stellt kein unleidliches Verhalten dar. „Exzessives“ Lüften im Winter kann allerdings sehr wohl eine Kündigung rechtfertigen, sofern es nach einer Gesamtbetrachtung unleidlich erscheint.
Tipp: Mieter sollten bei ihren Handlungen stets darauf achten, ob sich Mitmieter dadurch gestört fühlen könnten oder daraus etwaige Schäden entstehen können. Vermieter hingegen sind gut beraten, die Störer vorerst um Unterlassung zu bitten oder abzumahnen. So können unangenehme Streitigkeiten und Kündigungen vermieden werden.
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