Stürme können große Schäden anrichten, das ist uns wohl allen bewusst. Doch nicht nur für die Einsatzkräfte bedeutet das Beseitigen der Folgen eines Unwetters eine Herausforderung, auch in rechtlicher Hinsicht tun sich einige Fragen auf. Insbesondere, wenn Privateigentum beschädigt wird, stellt sich die Frage, wer haftet. Besteht überhaupt ein Anspruch auf Schadenersatz und kann dieser auf § 1319 ABGB (Bauwerkehaftung) gestützt werden?
Auch der OGH hat sich erst kürzlich mit dieser Thematik auseinandergesetzt:
Zum Sachverhalt
Auf einer Liegenschaft der beklagten Gemeinde standen zwei Bäume, die bei einem Sturm mit Windspitzen bis zu 110 km/h umstürzten und den Zaun des Klägers beschädigten. Die Bäume waren im Jahr 1970 in einer Weise gepflanzt worden, die nicht mehr dem heutigen Stand der Technik entspricht. In der Folge bildeten sich Flachwurzeln aus, weil der Wurzelraum so gering war. Festgestellt wurde, dass auch bei uneingeschränkter Wurzelausbildung nicht gesichert ist, dass ein Baum den aufgetretenen Windspitzen standhält. Die Bäume waren bis dahin gesund und wurden regelmäßig durch ein fachkundiges Unternehmen im Auftrag der Gemeinde kontrolliert. Im Baukataster wurden die Kontrollen nach den entsprechenden Vorgaben (ÖNORM und FLL-Richtlinie) dokumentiert. Der Kläger begehrte den Ersatz des Schadens an seinem Eigentum und stützte seinen Anspruch auf § 1319 ABGB. Das Erstgericht wies das Begehren ab, das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Mittels ordentlicher Revision wandte sich der Kläger an den Obersten Gerichtshof (OGH).
Rechtliche Beurteilung
Schäden, die durch das Umstürzen von Bäumen verursacht werden, fallen auch in den Anwendungsbereich von § 1319 ABGB. Bäume sind zwar an sich nicht unbedingt gefährlich, doch in mangelhaftem Zustand geht von ihnen meist eine erhöhte Gefährlichkeit aus. Diese kann nach früherer Rechtsprechung beispielsweise auf einer mechanischen Verletzung des Baumes oder auf einer Krankheit beruhen, eine unzureichende Wurzelausbildung ist dem jedoch gleichzuhalten. Daher war die für die Anwendung von § 1319 ABGB erforderliche besondere Gefahr im vorliegenden Fall zweifellos gegeben.
Im Fall einer Schädigung durch das Umstürzen eines Baumes hat der Eigentümer zu behaupten und zu beweisen, dass er alle Vorkehrungen getroffen hat, die vernünftigerweise nach den Umständen von ihm erwartet werden können. Welche Vorkehrungen geeignet und zumutbar sind, ist stets im Einzelfall zu beurteilen.
Im vorliegenden Fall hatte die beklagte Gemeinde die Überprüfung der Bäume einem fachkundigen Unternehmen übertragen. Das genügt im Regelfall für den Entlastungsbeweis nach § 1319 ABGB, sofern das beauftragte Unternehmen nicht in erkennbar mangelhafter Weise vorgeht. Im konkreten Fall wurde nach dem Stand der Technik, den ÖNORMEN entsprechend gehandelt.
Der Kläger behauptete zwar, dass sich aus dem Stand der Technik weitere Überprüfungspflichten ergeben hätten, das konnte jedoch nicht festgestellt werden. Außerdem fehlten Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten dies auch nur erkennbar war. Der vorliegende Fall unterscheidet sich also genau in diesem Punkt von einem anderen, welchen der OGH bereits entschieden hatte. Dort hatte die Gemeinde zwar die Überprüfung der Bäume ebenfalls einem Unternehmen übertragen, dieses hatte aber über Jahre keine regelmäßigen Kontrollen durchgeführt und nicht einmal den in Auftrag gegebenen Baumkataster vollständig angelegt. Das hätte der Gemeinde bei der gebotenen Überprüfung der Leistungserbringung zweifellos auffallen müssen (veröffentlicht in OGH 2 Ob 203/11h).
Im konkreten Fall hatte die Beklagte alle erforderlichen und ihr zumutbaren Maßnahmen getroffen, weswegen die Revision des Klägers erfolglos blieb (veröffentlicht in OGH 2 Ob 50/20x).
Fazit: Umstürzende Bäume sind bei Unwettern keine Seltenheit, sind sie in mangelhaftem Zustand, kann von ihnen eine erhöhte Gefährlichkeit ausgehen. Wenn ein Baum aufgrund seines mangelhaften Zustandes umstürzt, haftet der Eigentümer nach § 1319 ABGB für die dadurch verursachten Schäden, sofern er nicht beweisen kann, alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen zu haben. Für den Entlastungsbeweis reicht der Nachweis, dass der Eigentümer ein fachkundiges Unternehmen mit der Baumkontrolle beauftragt hat, sofern keine Leistungsmängel erkennbar waren.
Gerne beraten wir Sie in diesem Zusammenhang! Unsere Mitarbeiter stehen Ihnen telefonisch unter 0463 – 50 00 02 oder per E-Mail unter office@rechtdirekt.at zur Verfügung.
Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und erstellt.
Eine Haftung für die Richtigkeit wird nicht übernommen.