Bei Insolvenzen kann es durchaus vorkommen, dass die Gläubiger leer ausgehen. In solchen Fällen liegt der Versuch nahe, sich am Management des insolventen Unternehmens schadlos zu halten. Doch wann kann das erfolgversprechend sein? Wie können Geschäftsleiter sich schützen?
Schaden und Haftung der Geschäftsführer
Den aktuellen Zahlen der Gläubigerschutzverbände zufolge steigt die Zahl der Firmen, die Insolvenz anmelden müssen. Deutlich mehr wurden auch jene Fälle, in denen mangels Kostendeckung gar kein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. Schuldnerunternehmen warten oft mit dem Insolvenzantrag viel zu lang und Gläubiger sehen sich dann zum Teil mit sehr geringen Quoten oder gar mit einem Totalausfall konfrontiert. Das wiederum kann sich für die Geschäftsleitung des in die Insolvenz geschlitterten Unternehmens rächen, denn unter bestimmten Voraussetzungen haften Geschäftsführer den Gläubigern für den erlittenen Schaden – und zwar grundsätzlich mit ihrem gesamten Vermögen.
Strafbarkeit
Geprüft wird in solchen Fällen, ob der Insolvenzantrag rechtzeitig eingebracht wurde und ob der Geschäftsführung strafrechtlich relevante Kridadelikte vorgeworfen werden können. Also etwa, ob der Geschäftsführer Gläubigerinteressen grob fahrlässig beeinträchtigt, einzelne Gläubiger begünstigt oder das Insolvenzverfahren verschleppt hat. Eine Haftung kann auch entstehen, wenn die Vermögenslage der Gesellschaft in Jahresabschlüssen in unvertretbarer Weise falsch dargestellt wurde oder Gesellschafter „fremdunübliche“ Vorteile erhalten haben. Relevant für eine Haftung sind auch unkorrekte Abgabenmeldungen an Finanzamt oder Sozialversicherung. Strafbar machen kann man sich dann etwa wegen betrügerischer Krida, grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen oder Abgabenhinterziehung nach dem Finanzstrafgesetz.
Risikoerhöhung durch Krisen
All diese Haftungsrisken sind zwar nicht neu. Die aktuelle Kumulierung von Krisenszenarien (Pandemie, Lieferengpässe, Teuerung, Energiekrise) kann jedoch das Risiko für Sorgfaltsverletzungen weiter erhöhen. Das beginnt mit der Beurteilung der Insolvenzgründe, wovon es abhängen kann, innerhalb welcher Frist der Insolvenzantrag jedenfalls gestellt werden muss. Liegt der Grund ausschließlich oder überwiegend in einer „Naturkatastrophe“ (dazu zählt auch die Pandemie) sind es bis zu 120 Tage ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit, ansonsten sind es längstens 60 Tage.
Abhilfe?
Bis zu einem gewissen Grad können die Vorgaben der „Business Judgement Rule“ helfen, denn das allgemeine Unternehmerrisiko soll demnach nicht von der Gesellschaft auf den Geschäftsführer übertragen werden. Wichtig ist, die Entscheidungsgrundlagen zu dokumentieren, um belegen zu können, dass sorgfältig vorgegangen wurde.
Fazit: Geschäftsführer haften den Gläubigern unter bestimmten Voraussetzungen mit ihrem gesamten Vermögen für den erlittenen Schaden in einem Insolvenzverfahren. Relevant für eine Haftung ist beispielsweise, ob der Insolvenzantrag rechtzeitig eingebracht wurde und ob der Geschäftsführung strafrechtlich relevante Kridadelikte vorgeworfen werden können. Krisen wie Pandemie, Lieferengpässe, Teuerung und Energieproblematik können das Risiko für Sorgfaltsverletzungen zusätzlich erhöhen. Die Business-Judgement-Rule kann im Einzelfall Abhilfe schaffen, doch wirklich hilfreich sind exakte Aufzeichnungen, die sorgfältiges Handeln der Geschäftsführer belegen.
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