Über eventuelle Testpflichten am Arbeitsplatz haben wir Sie bereits in unserem Beitrag (Testen und Impfen – Die 3 G’s im Job? (rechtdirekt.at) informiert. Doch wie sieht es hinsichtlich einer Impfpflicht aus? Wie weit gehen in dieser Pandemie die Schutzpflichten des Arbeitgebers? Können Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern verlangen, dass sie sich gegen COVID impfen lassen – und zwar auch ohne generelle Impfpflicht für die jeweilige Berufsgruppe? Darf Impfverweigerern sogar gekündigt werden?

Meinungsstreit

Im Wesentlichen geht es dabei um die Streitfrage, ob die COVID-Gesetze und -Verordnungen die Materie abschließend regeln oder ob allgemeine Rechtsgrundsätze heranzuziehen sind. Unbestritten ist, dass Arbeitgeber dafür sorgen müssen, dass Personen im Betrieb vor einer Ansteckung geschützt werden. Aber wie weit geht das? Hier gehen die Meinungen auseinander.

Eine Seite argumentiert damit, dass sich aus der so genannten Fürsorgepflicht und allfälligen sonstigen Schutzpflichten das Recht ableiten lässt, Impfverweigerer nicht nur aus dem Betrieb auszusperren, sondern in weiterer Folge zu kündigen. Andere vertreten den entgegengesetzten Standpunkt und gehen davon aus, dass für die Anwendung allgemeiner Grundsätze kein Raum bleibt, weil es ja einschlägige COVID-Gesetze und -Verordnungen gibt. Es gilt demnach genau das, was in den Regelungen steht. Die jeweils geltenden COVID-Verordnungen schreiben Schutzmaßnahmen für diverse Bereiche des Berufslebens vor. Daraus könnte man schließen, dass der Verordnungsgeber im Rahmen seiner gesetzlichen Ermächtigung eben genau diese Vorgaben treffen wollte und daher auch ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern nicht mehr „aufzwingen“ darf.

Warten auf Judikatur

Zwischen diesen beiden Positionen gibt es noch ein breites Spektrum an Rechtsmeinungen, die eine über die Verordnung hinausgehende Anordnungsbefugnis des Arbeitgebers zwar für möglich halten, aber nur in bestimmten Fällen. Wann genau und in welchem Ausmaß wird jedoch unterschiedlich beurteilt oder überhaupt offengelassen. Im Endeffekt geht es darum, ob eine Kündigung, die nur deshalb ausgesprochen worden ist, weil sich jemand nicht impfen oder testen lassen will, rechtlich hält oder aber wegen eines „verpönten“ Kündigungsmotivs anfechtbar ist. Wie bereits erwähnt, gibt es schon erste Urteile – allerdings nur zum Testen (siehe dazu unser Beitrag Testen und Impfen – Die 3 G’s im Job? (rechtdirekt.at). Höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Impfen fehlt bislang.

Fazit: Ob ein Arbeitgeber von seinen Mitarbeitern einen Impfnachweis verlangen kann, ist umstritten. Je nachdem, ob man davon ausgeht, dass die COVID-Gesetze und -Verordnungen die Materie abschließend regeln oder allgemeine Rechtsgrundsätze heranzuziehen sind, fällt die Entscheidung unterschiedlich aus. Dies ist eine Frage für die Judikatur, die hinsichtlich einer Impfpflicht am Arbeitsplatz oder gar einer Kündigungsmöglichkeit in diesem Zusammenhang abzuwarten bleibt. Aus unserer Sicht ist aber mitzubedenken, dass jedes Urteil, das kommen wird, nur den jeweiligen Einzelfall betrifft und selbst der OGH immer nur im Einzelfall entscheidet. Für allgemeine Rechtssicherheit braucht es in dieser Frage mehr.

 

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