Neben der Verschuldenshaftung gibt es noch andere Arten der Haftung, durch welche eine Schadenersatzpflicht begründet werden kann. So beispielsweise auch die Gefährdungshaftung nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG). Doch in welchem Verhältnis stehen diese zueinander? Können sie auch nebeneinander bestehen, sodass der Geschädigte quasi „die Wahl“ hat, worauf er seinen Anspruch stützt? Worauf kommt es dabei an?
EKHG – kein aliud!
Erst kürzlich stellte der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer Entscheidung zu diesem Thema klar, dass sich die beschränkte Haftung nach dem EKHG gegenüber der unbeschränkten (deliktischen) Verschuldenshaftung nach dem ABGB nicht als aliud, sondern als minus darstellt. Das bedeutet, dass eine auf Verschulden gestützte Klage zwar die Haftung aus Gefährdung miteinschließt, umgekehrt aber die Prüfung einer Haftung aus Verschulden nicht möglich ist, wenn der Anspruch nur auf das EKHG gegründet wird. Wichtig ist, dass die Haftung nach dem EKHG betraglich beschränkt ist, wohingegen sich die Verschuldenshaftung des ABGB unbeschränkt gestaltet.
Zu beachten ist nach Ansicht der Höchstgerichts in diesem Zusammenhang auch, dass sich selbst Amts- und Gefährdungshaftung nach ständiger Rechtsprechung nicht ausschließen. Der Geschädigte hat also die Möglichkeit, neben oder anstelle eines Amtshaftungsanspruchs die Haftung des Rechtsträgers als Fahrzeughalter nach dem EKHG in Anspruch zu nehmen.
Haftungsgegenstand
Bei der Gefährdungshaftung nach dem EKHG geht es um den Ersatz von Schäden, die nicht durch rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten (wie bei der Verschuldenshaftung nach dem ABGB), sondern durch den Betrieb einer gefährlichen Sache verursacht wurden. § 11 EKHG regelt die Schadensverteilung und den Schadensausgleich unter den Unfallbeteiligten für den Fall, dass mehrere Fahrzeuge einen Schaden herbeigeführt haben. Vorgesehen ist dann ein Schadensausgleich (Regress) zwischen mehreren Beteiligten, die einem Dritten für einen Schaden ersatzpflichtig geworden sind. Zu berücksichtigen sind dabei in erster Linie das jeweilige Verschulden der Beteiligten und in zweiter Linie die von den jeweiligen Fahrzeugen ausgehende (gewöhnliche oder außergewöhnliche) Betriebsgefahr. Diese Abwägungsregel wird auf die gegenseitige Ersatzpflicht der Beteiligten ausgedehnt, weswegen die Zurechnung der durch den Unfall entstandenen Schäden unter umfassender Berücksichtigung und Abwägung sämtlicher genannten Umstände auf beiden Seiten erfolgt (veröffentlicht in OGH 1 Ob 41/21t).
Fazit: Die betraglich beschränkte Haftung nach dem EKHG stellt sich gegenüber der unbeschränkten (deliktischen) Verschuldenshaftung nach den §§ 1295 ff ABGB nicht als aliud, sondern als minus dar, weshalb eine auf Verschulden gestützte Klage zwar die Haftung aus Gefährdung miteinschließt, umgekehrt aber die Prüfung einer Haftung aus Verschulden nicht möglich ist, wenn der Anspruch nur auf das EKHG gegründet wird. Gerne beraten wir Sie bei Haftungsfragen aller Art, denn selbst Amts- und Gefährdungshaftung schließen einander nach ständiger Rechtsprechung nicht aus.
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