Als Miteigentümer einer Liegenschaft ist es nicht immer einfach, seine Wünsche hinsichtlich der Immobilie in die Tat umzusetzen. Zum Beispiel dürfen bauliche Veränderungen, die nicht unwesentlich sind, nicht ohne weiteres vorgenommen werden. Was tun, wenn man den Wunsch hegt, Balkone oder Garagen anzubauen und nicht alle Miteigentümer einverstanden sind?

Im Immobilienmiteigentum ist es erforderlich, bei nicht unwesentlichen baulichen Veränderungen am Miteigentumsobjekt die Zustimmung aller Miteigentümer einzuholen. In der Praxis ist es vor allem bei größeren Miteigentumsgemeinschaften oft schwierig, eine Einigkeit zu erreichen. Der Wunsch des einen ist schließlich noch lange nicht der des anderen. In Bezug auf diese „Tücke“ im Immobilieneigentum bietet das Gesetz die Möglichkeit, die Zustimmung einzelner Miteigentümer gerichtlich zu ersetzen, sofern es um wichtige Interessen anderer Miteigentümer geht.

Da Angelegenheiten dieser Art nicht selten vorkommen und von beiden Seiten meist mit großem Nachdruck verfolgt werden, hat sich nun auch der Oberste Gerichtshof (OGH) einem Fall dieses Themenfeldes angenommen. Bei den Antragstellern handelte es sich um Miteigentümer eines Wohnhauses. Ihr Wunsch war es, den Anbau dreier Balkone an der Hofseite des Miteigentumsobjektes durchzuführen. Allerdings konnten sie nicht alle Miteigentümer für ihr Vorhaben gewinnen. Aus diesem Grund begehrten sie den gerichtlichen Ersatz der Zustimmung der Antragsgegner.  In Bezug auf die „wichtigen Interessen“ führten sie argumentativ aus, dass Wohnungseigentümer nach den Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt heutzutage auch in Altstadtwohnungen Balkone erwarten. Ihres Erachtens lasse nur eine Wohnung mit Balkon (sofern es keinen Garten gibt) eine Wohnungsnutzung zu, welche den heutigen Standards entspricht. Der Anbau liege daher im „wichtigen Interesse“ aller Miteigentümer.

Nach Ansicht des Gerichtshofs entspricht es zwar „einem zeitgeistigen und verbreiteten Bedürfnis in gründerzeitlichen Wohnquartieren“, auch Altbestandswohnungen durch einen Balkon aufzuwerten, welcher in der Folge als Sitz- und Aufenthaltsort im Freien dienen soll, jedoch führte der OGH weiter aus, dass „bloße Zweckmäßigkeitserwägungen und eine Steigerung des Wohnwerts einer Wohnung für die Annahme eines wichtigen Interesses in der Regel nicht“ ausreichen.

Dieser Entscheidung zufolge musste der Antrag auf gerichtlichen Ersatz der Zustimmung anderer Miteigentümer abgelehnt werden. Im konkreten Fall wurde auch darauf Bezug genommen, dass der Großteil vergleichbarer Wohnhäuser in der Umgebung ebenfalls nicht über Balkone verfügte, weswegen auch nicht von einer Verkehrsüblichkeit ausgegangen werden konnte (veröffentlicht in OGH 5 Ob 44/20m).

Fazit: Im Immobilienmiteigentum ist es erforderlich, bei nicht unwesentlichen baulichen Veränderungen am Miteigentumsobjekt die Zustimmung aller Miteigentümer einzuholen. Diese kann gerichtlich ersetzt werden, sofern es um wichtige Interessen anderer Miteigentümer geht. Bloße Zweckmäßigkeitserwägungen und eine Steigerung des Wohnwerts einer Wohnung genügen dafür allerdings nicht. Rechtlicher Rat kann bei der Einschätzung helfen, denn „wichtiges Interesse“ ist nicht per se jeder Wunsch.

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