Aufgrund der COVID-19-Maßnahmenverordnung (COVID‑19‑MV) bzw. der COVID-19-Lockerungsverordnung (COVID‑19‑LV) durften zahlreiche Geschäfte zunächst gar nicht und dann nur unter bestimmten Voraussetzungen betreten werden. Die Kundenzahl wurde begrenzt, Abstandsregeln und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes waren (und sind) verpflichtend einzuhalten. Für viele Betriebe lohnte es sich nicht, zwischen den beiden Lockdowns überhaupt aufzusperren. Doch handelt es sich hierbei um Beschränkungen der Betriebsstätte im Sinne des § 20 Epidemiegesetz 1950 (EpiG)? Kann eine Entschädigung nach diesem Gesetz gefordert werden? Worauf kommt es an?
VwGH zum Entschädigungsanspruch nach dem EpiG
Von dieser Frage sind auch in Kärnten zahlreiche Betriebe betroffen und nun gibt es erstmals eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zur Frage, ob die Einschränkungen nach der COVID-19-MV bzw. der COVID-19-LV einen Ersatzanspruch nach § 32 EpiG begründen.
Dazu führte der Gerichtshof zunächst aus, dass Maßnahmen nach § 20 EpiG, womit die Beschränkung oder Schließung von Betriebsstätten umfasst ist, auch beim Auftreten von COVID-19 getroffen werden können. Der Gesetzgeber habe das EpiG zur Eindämmung von COVID-19 als nicht ausreichend erachtet und deshalb im Rahmen eines „Maßnahmen- und Rettungspakets“ das COVID-19-Maßnahmengesetz (COVID-19-MG) erlassen.
Nach diesem „neu erlassenen“ Gesetz kann das Betreten von Betriebsstätten mittels Verordnung untersagt werden. Das normiert § 1 COVID-19-MG. Entscheidend ist, dass in diesem Fall die Bestimmungen des EpiG betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Verordnung nicht zur Anwendung kommen sollen, die Bestimmungen des EpiG aber ansonsten unberührt bleiben.
Auf Grundlage von § 1 COVID-19-MG wurde zunächst die COVID-19-MV erlassen und das Betreten von Geschäften zum Erwerb von Waren gänzlich untersagt. In der Folge wurde, ebenfalls auf Grundlage von §§ 1 und 2 COVID-19-MG sowie § 15 EpiG, die COVID-19-LV erlassen, welche das Betreten von Geschäften unter bestimmten Voraussetzungen erlaubte. Keine der später ergangenen Änderungen der COVID-19-LV erfolgte noch auf Grundlage von § 20 EpiG. Dem VwGH zufolge setzt ein Ersatzanspruch nach dem EpiG jedoch voraus, dass ein Unternehmen gemäß § 20 EpiG in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden ist. Solche Beschränkungen im Sinne des EpiG wären außerdem mit Bescheid und nicht mit Verordnung zu verfügen gewesen. Gründen sich also die Beschränkungen, deretwegen der jeweilige Betrieb Vergütungen fordert, auf das COVID-19-MG und nicht auf das EpiG, besteht nach Ansicht des VwGH auch kein Anspruch auf Entschädigung nach § 32 EpiG.
Zur Frage, wie es dann zu verstehen sei, dass die Bestimmungen des EpiG nach dem COVID-19-MG unberührt bleiben sollen, führte der Gerichtshof aus, dass durch das COVID-19-MG weder der Inhalt noch der Anwendungsbereich des EpiG verändert wird. Die Voraussetzungen für die Erlassung von Verfügungen nach § 20 EpiG oder für einen Ersatzanspruch nach § 32 EpiG werden damit nicht geändert, es ist jedoch in diesen Fällen schlicht nicht anwendbar (veröffentlicht in VwGH Ra 2021/03/0018).
Es kommt auf den Zeitraum der Schließung an
Anders verhielt es sich im Fall eines Villacher Betriebes, der im März noch aufgrund des EpiG geschlossen wurde. Es geht um die Zeit zwischen 15. März und 30. März vergangenen Jahres, in welchem der Anspruch auf Verdienstentgang nach dem EpiG galt. Nach nur zwei Wochen wurde das EpiG in diesem Punkt abgelöst, weswegen letztlich nur der besagte Zeitraum im März vergangenen Jahres bei den Bezirksverwaltungsbehörden geltend gemacht werden kann. Bisher gab es keinen Entscheid über den Rechtsanspruch der Betriebe, sie erhielten also bis dato kein Geld. Das liegt unter anderem an der Weisungsgebundenheit der Behörden dem Ministerium gegenüber sowie daran, dass nicht klar war, welche Institution ausbezahlt – der Bund, das Land oder die Bezirkshauptmannschaften.
Fest steht, dass allen knapp 1000 Betrieben in Kärnten, die mit 15. März vergangenen Jahres behördlich geschlossen wurden, Entschädigungsansprüche zustehen, wenn sie ihre Ansprüche damals innerhalb vierwöchiger Frist geltend gemacht haben. Das zeigt auch eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts, welches aufgrund einer Säumnisbeschwerde tätig wurde und das Bestehen eines Ersatzanspruchs nach dem EpiG für den genannten Zeitraum bejahte.
Fazit: Der VwGH stellte nun klar, dass grundsätzlich kein Anspruch auf Entschädigung nach dem EpiG besteht, wenn sich die Beschränkungen, deretwegen der jeweilige Betrieb Vergütungen fordert, auf das COVID-19-MG und nicht auf das EpiG stützen. Zu beachten ist jedoch, dass für jene Betriebe, die mit 15. März vergangenen Jahres behördlich geschlossen wurden, Entschädigungsansprüche zustehen, wenn sie ihre Ansprüche damals innerhalb vierwöchiger Frist geltend gemacht haben. Das betrifft den Zeitraum jener zwei Wochen, bevor das EpiG „ausgehebelt“ wurde. Unser Rat an geschädigte Unternehmer, die davon betroffen sind und noch keinen Ersatz erhalten haben, lautet daher, Säumnisbeschwerden zu stellen. Kontaktieren Sie uns gerne in diesem Zusammenhang.
Unsere Mitarbeiter stehen Ihnen telefonisch unter 0463 – 50 00 02 oder per E-Mail unter office@rechtdirekt.at zur Verfügung.
Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und erstellt.
Eine Haftung für die Richtigkeit wird nicht übernommen.