Gegen Bezahlung des Bestandzinses hat der Vermieter dem Mieter im Normalfall das Bestandsobjekt für eine gewisse Zeit zum Gebrauch zu überlassen. Doch ganz so einfach ist es in der Praxis oft nicht, denn in Bestandsverhältnissen kommen beiden Parteien bestimmte Rechte und Pflichten zu, deren Ausübung nicht zwangsläufig für beide Vertragsteile erfreulich ist. So ist es meist nicht im Sinne der Mieter, dass Vermieter das Bestandsobjekt ohne ihre ausdrückliche Einwilligung betreten. Dürfen Bestandgeber das überhaupt und bejahendenfalls unter welchen Voraussetzungen?

Gesetzlicher Hintergrund

§ 1098 ABGB erwähnt unter anderem ausdrücklich das Recht des Bestandnehmers zum Gebrauch des Bestandsobjektes, wobei diese Bestimmung auch Grundlage der mit dem Gebrauch verbundenen Pflichten ist. Damit sind insbesondere Sorgfalts- und Obhutspflichten gemeint, welchen erhöhte Bedeutung zukommt. Der Umfang des Gebrauchsrechtes des Bestandnehmers bestimmt sich zunächst nach dem Inhalt des Vertrages, wozu auch eine bestehende Hausordnung, auf die verwiesen wird, gehört. Von Relevanz sind außerdem der Zweck des Bestandverhältnisses sowie der Ortsgebrauch und die Verkehrssitte. Soweit Fragen im Vertrag ausdrücklich gelöst sind, kann allerdings nicht auf Verkehrssitte usw. zurückgegriffen werden. Wichtig ist, dass der Bestandgeber gewissen Verpflichtungen zur Erhaltung des Hauses bzw. zur erforderlichen Aufsicht jederzeit, also auch während des Gebrauchs des Mieters, nachkommen muss.

Betreten während des Gebrauchs

Unter gewissen Umständen kann der Bestandgeber das Bestandsobjekt also auch während des Gebrauchs des Bestandnehmers betreten. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) erst kürzlich in einer Entscheidung klargestellt. Gegen den Willen des Bestandnehmers ist dies allerdings nur nach einer eingehenden Interessensabwägung zugunsten des Bestandgebers möglich. Dem Gerichtshof zufolge darf der Bestandgeber den Bestandgegenstand auch dann nur betreten, soweit dies im Interesse der Erhaltung des Hauses oder zur Ausübung der notwendigen Aufsicht erforderlich ist. Daneben gibt es auch andere überwiegende Interessen, die den Vermieter berechtigen, den Zutritt zu fordern. Dies muss allerdings in einer dem Mieter zumutbaren Weise geschehen. Außerdem hat der Mieter dafür zu sorgen, dass zur Vorbereitung und Durchführung notwendiger Arbeiten das Mietobjekt von Handwerkern betreten werden kann. Was die Interessensabwägung im Einzelfall betrifft, so ist die Zumutbarkeit nach Ansicht des OGH umso eher gegeben, je schwerwiegender bestimmte berechtigte Interessen des Vermieters den Eingriff erfordern (veröffentlicht in OGH 4 Ob 189/20b).

Fazit: Dem Bestandgeber steht grundsätzlich auch gegen den Willen des Bestandnehmers das Recht zu, den Bestandgegenstand zu betreten, soweit dies im Interesse der Erhaltung des Hauses oder zur Ausübung der notwendigen Aufsicht erforderlich ist. Auch andere überwiegende Interessen des Vermieters berechtigen ihn, den Zutritt in einer dem Mieter zumutbaren Weise zu fordern. Der Mieter hat auch dafür zu sorgen, dass zur Vorbereitung und Durchführung notwendiger Arbeiten das Mietobjekt von Handwerkern betreten werden kann. Es hat eine Interessenabwägung stattzufinden, wobei die Zumutbarkeit umso eher gegeben ist, je schwerwiegender berechtigte Interessen des Vermieters den Eingriff fordern.

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