Um die Ausbreitung des Corona-Virus in Österreich zu verringern, hat die österreichische Bundesregierung am vergangenen Wochenende zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Unter anderem wurde beschlossen, dass sämtliche Geschäfte, die nicht der Grundversorgung der Österreicher dienen, ab 16.03.2020 für die Dauer einer Woche nicht mehr geöffnet haben dürfen. Zudem sind auch Restaurants, Bars etc. ab 17.03.2020 geschlossen zu halten. Für viele Unternehmer stellt sich nun die Frage, ob sie den Mietzins trotzdem entrichten müssen, obwohl sie das Mietobjekt zurzeit gar nicht benützen können.

Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (in der Folge kurz ABGB), dessen Normen subsidiär auch auf jene Mietobjekte anzuwenden sind, die in den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes fallen, sieht vor, dass der Mieter zur Bezahlung des Mietzinses nicht verpflichtet ist, wenn das Mietobjekt wegen außerordentlicher Zufälle nicht gebraucht oder benützt werden kann.

Außerordentliche Zufälle sind zufolge der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes solche elementaren Ereignisse, die stets einen größeren Personenkreis treffen und von Menschen nicht beherrschbar sind, sodass für deren Folgen im Allgemeinen von niemandem Ersatz erwartet werden kann.

In § 1104 ABGB ist ausdrücklich festgelegt, dass eine Seuche als ein außerordentlicher Zufall gilt. Der Begriff „Seuche“ ist eine veraltete Bezeichnung für eine bedrohliche, sich rasch ausbreitende Krankheit. In der heutigen medizinischen Terminologie ersetzt der Begriff „Infektion“ den Begriff „Seuche“. Häufungen von Infektionskrankheiten werden je nach Häufigkeit und Ausbreitung in Epidemien, Endemien und Pandemien unterschieden. Eine Pandemie liegt vor, wenn sich eine Infektionskrankheit zeitlich begrenzt, aber räumlich unbegrenzt ausbreitet.

Die Ausbreitung des Corona-Virus wurde von der Weltgesundheitsorganisation mittlerweile als Pandemie eingestuft und kann somit wohl zweifellos als außerordentlicher Zufall im Sinne des § 1104 ABGB bezeichnet werden. Darüber hinaus sind auch von Vertragspartnern nicht provozierte hoheitliche Maßnahmen gemäß Judikatur des Obersten Gerichtshofs als außerordentliche Zufälle anzusehen.

Ob im Einzelfall ein Mietzins zu entrichten ist, hängt vom jeweiligen Vertragszweck ab. Dabei lassen sich drei Fallgruppen unterscheiden:

  • Mietobjekte, die nicht benützt werden können,
  • Mietobjekte, die nur teilweise benützt werden können und
  • Mietobjekte, die vertragsgemäß benützt werden können.

Kann ein Mietobjekt aufgrund der von der Bundesregierung erlassenen Verordnungen derzeit nicht benützt werden, so ist kein Mietzins zu entrichten. In diesen Fällen empfehlen wir dem Mieter, den Vermieter zu informieren, dass das Mietobjekt aufgrund der von der Bundesregierung erlassenen Maßnahmen zum Umgang mit der aktuellen Pandemie zurzeit nicht benützt werden kann und deshalb für die Dauer dieses Zustands kein Mietzins bezahlt wird. Für einen bereits für den Monat März bezahlten Mietzins besteht unserer Ansicht nach ein aliquoter Rückforderungsanspruch.

Kann ein Mietobjekt aufgrund der derzeitigen Situation nur teilweise gebraucht oder benützt werden sieht §1105 ABGB zudem vor, dass der Mietzins verringert werden kann. Beispielsweise können zahlreiche Bäckereien, die einen Teil des Mietobjektes zum Verkauf der Waren und den anderen Teil des Mietobjektes als Café nutzen, aufgrund der von der Bundesregierung erlassenen Verordnungen derzeit nur jenen Teil des Mietobjektes verwenden, der dem Verkauf der Waren dient. Wie hoch die Mietzinsminderung ausfällt, hängt von den Umständen des jeweiligen Einfallfalles ab (tatsächliche nutzbare Fläche, etc.).

Kann das Mietobjekt trotz der erlassenen Maßnahmen der Bundesregierung gebraucht oder benützt werden, wie beispielsweise eine Wohnung, ist der Mietzins zur Gänze zu bezahlen.

Zu beachten ist allerdings, dass die eben dargestellten Regelungen der §§ 1104 und 1105 ABGB dann nicht zwingend anzuwenden sind, wenn der Mietvertrag im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Bezahlung des Mietzinses bei außerordentlichen Zufällen eine andere Regelung vorsieht. Wir empfehlen daher, den Mietvertrag dahingehend zu überprüfen bzw. durch einen Rechtsanwalt überprüfen zu lassen.

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