Nachdem zuletzt in unseren News die Frage der Verpflichtung zur Mietzinszahlung in Anbetracht der außergewöhnlichen Umstände behandelt wurde, vertiefen wir das Thema weiter und gehen auf die Betriebskosten näher ein.

Rückblick:
Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (in der Folge kurz: ABGB), welches subsidiär auch für jene Mietobjekte zur Anwendung kommt, die in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (in der Folge kurz: MRG) fallen, sieht in § 1104 ABGB vor, dass der Mieter zur Bezahlung des Mietzinses nicht verpflichtet ist, wenn das Mietobjekt zurzeit aufgrund der von der Bundesregierung erlassenen Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus nicht gebraucht oder benützt werden kann. Zudem ist der Mietzins gemäß § 1105 ABGB zu verringern, wenn das Mietobjekt nur teilweise gebraucht oder benutzt werden kann.

Rechtliche Qualifikation der Betriebskosten:
In der Praxis stellt sich für viele betroffene Mieter aber nun die Frage, ob die Betriebskosten sowie die laufend zu entrichtenden anteiligen öffentlichen Abgaben weiter zu entrichten sind.

Einordnung des Mietobjekts:
Um dies zu klären, ist zunächst zu unterscheiden, ob für das jeweilige Mietverhältnis das ABGB oder das MRG zur Anwendung kommt:

Mietobjekte, die nicht in den Vollanwendungsbereich des MRG fallen:

Für Mietobjekte, die nicht bzw. nur in den Teilanwendungsbereich des MRG fallen, sind die Normen des ABGB maßgebend, welches keine Definition des Mietzinses enthält. Mangels anderer Regelung im konkreten Mietvertrag treffen gemäß § 1099 ABGB sowohl Betriebskosten als auch die laufend zu entrichtenden öffentlichen Abgaben den Vermieter. Es ist daher davon auszugehen, dass nahezu jeder Mietvertrag betreffend Mietobjekte, die nicht in den Anwendungsbereich bzw. nur in den Teilanwendungsbereich des MRG fallen, eine andere Regelung enthält, wonach der Mieter neben dem Hauptmietzins auch die anteiligen Betriebskosten sowie die laufend zu entrichtenden öffentlichen Abgaben zu bezahlen hat.

Der Oberste Gerichtshof hat im Jahr 1951 ausgesprochen, dass sich ein teilweiser Zinserlass gemäß § 1105 ABGB zwar nur auf den Hauptmietzins beziehe, aber dennoch eine entsprechende Änderung des Betriebskostenschlüssels zur Folge habe. Die Herabsetzung des Hauptmietzinses müsse sich auch auf die beiden anderen Komponenten des gesetzlichen Mietzinses nach dem damals gültigen § 2 Mietengesetz, nämlich auf die Betriebskosten sowie die laufenden öffentlichen Abgaben, auswirken (vgl. OGH 1Ob27/51, OGH 19.09.1951).

Zudem erfasst gemäß ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine etwaige Zinsminderung nach § 1096 ABGB ebenso sämtliche Bestandteile des Mietzinses, sohin auch Betriebskosten und laufend zu entrichtende öffentliche Abgaben (vgl. 1 Ob 177/05v, OGH 22.11.2005).

Aus der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes lässt sich demnach ableiten, dass bei teilweisem Entfall des Mietzinses gemäß § 1105 ABGB auch der Betriebskostenschlüssel sowie die vom Mieter anteilig zu entrichtenden öffentlichen Abgaben vom Vermieter dem verringerten Mietzins anzupassen sind. Es lässt sich weiters aus dieser Rechtsprechung ableiten, dass bei gänzlichem Entfall der Pflicht zur Bezahlung des Mietzinses auch die Pflicht zur Bezahlung der Betriebskosten sowie der laufenden öffentlichen Abgaben entfällt.

Mietobjekte, die in den Vollanwendungsbereich des MRG fallen:

Für Mietobjekte, die in den Vollanwendungsbereich des MRG fallen, gilt § 15 MRG, in welchem geregelt ist, was der monatlich zu entrichtende Mietzins zu enthalten hat. Gemäß § 15 Abs. 1 Z 2 MRG sind ausdrücklich auch die Betriebskosten sowie die laufenden öffentlichen Abgaben ein Bestandteil des Mietzinses. Entfällt daher für einen Unternehmer aufgrund der von der Bundesregierung erlassenen Verordnung zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus gemäß § 1104 ABGB die Pflicht zur Bezahlung des Mietzinses, so müssen nach dem Wortlaut des § 15 MRG auch die Betriebskosten sowie die laufenden öffentlichen Abgaben nicht bezahlt werden. Entfällt gemäß § 1105 ABGB der Mietzins nur teilweise, weil das Mietobjekt nur zum Teil nicht gebraucht oder benützt werden kann, so müssen die Betriebskosten sowie die laufenden öffentlichen Abgaben auch nur anteilsmäßig bezahlt werden.

Ergebnis:
Zusammenfassend kann somit nochmals festgehalten werden, dass sowohl Betriebskosten als auch die laufend zu entrichtenden öffentlichen Abgaben dann entfallen bzw. gemindert werden können, wenn auch der Hauptmietzins nach den Regelungen des §§ 1104, 1105 ABGB entfällt bzw. vermindert wird, unabhängig davon, ob das Mietobjekt in den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes fällt oder die Normen des ABGB maßgebend sind.

Empfehlung:
Es müssen jedoch immer die Umstände des Einzelfalles und die konkreten Regelungen des einzelnen Mietvertrages berücksichtigt werden. Aktuelle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu dieser Thematik in Zusammenhang mit den §§ 1104 und 1105 ABGB liegt bis dato nicht vor.

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