Bestandsverträge können auf bestimmte oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden. Nach welchen Kriterien wird die Dauer aber bei der Auslegung des Vertrags beurteilt und wovon hängt sie ab? Könnte die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Mietrechtsgesetz (MRG) schon eine ausreichende Beschränkung darstellen und auf eine bloß bestimmte Vertragsdauer hindeuten?
Rechtsprechung des VwGH
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen „auf bestimmte Zeit“ und „auf unbestimmte Zeit“ abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht. Allerdings steht die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht entgegen.
Erst kürzlich stellte der VwGH diesbezüglich klar, dass ein nach seinem Wortlaut auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag als ein Vertrag auf vorerst bestimmte Dauer anzusehen ist, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist. Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrags beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann.
Vereinbarung von Kündigungsgründen
Der VwGH wandte sich nämlich auch der Frage hinsichtlich der Vereinbarung etwa aller Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 MRG zu und führte dazu aus, dass eine solche noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten darstellt, weshalb in diesem Fall auch ein Vertrag auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss. Wenn also auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrags auf bestimmte Dauer darstellt, so kann eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe durchaus zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen (veröffentlicht in VwGH Ra 2019/16/0182).
Fazit: Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrags beurteilt und hängt davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind und auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann. Wir stehen Ihnen gerne bei der Vertragsauslegung zur Seite, denn diese kann von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen. So stellt beispielsweise auch die Vereinbarung aller Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG allein noch keine ausreichende Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten mit dem Ergebnis eines Vertrags auf bestimmte Dauer dar. Eine Gewichtung und eine Unwahrscheinlichkeit der Realisierung dieser vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe können aber durchaus noch zum Ergebnis führen, von einem Vertrag auf bestimmte Dauer auszugehen.
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