Der Oberste Gerichtshof hat sich in seiner jüngsten Entscheidung mit dem erheblich nachteiligen Gebrauch in Zusammenhang mit baulichen Veränderungen an einem denkmalgeschützten Objekt befasst. Wann liegt ein erheblich nachteiliger Gebrauch im Sinne des Mietrechtsgesetzes vor und inwiefern kann dies die Auflösung des Bestandsvertrags rechtfertigen?
Zum Sachverhalt:
Die Beklagten nahmen den Einbau einer Be-und Entlüftungsanlage, dem nicht nur die behördlichen Bewilligungen nach dem Stmk BauG, sondern auch jene nach dem DMSG fehlten, vor. Das von ihnen gemietete Objekt stand unter Denkmalschutz, worauf sie bereits im Mietvertrag hingewiesen wurden. Im Zuge eines, wegen eigenmächtiger Umbauarbeiten der Mieter, von den Klägern angestrengten Besitzstörungsverfahrens wurde eine Einigung mit dem Ziel getroffen, weitere Auseinandersetzungen zu vermeiden. Die Kläger stimmten in dieser Vereinbarung auch einer Be- und Entlüftung in einer bestimmten Form zu. Die Zustimmung umfasste jedoch ganz offenkundig keine Veränderung des äußeren Erscheinungsbilds. Der Einbau einer Be-und Entlüftungsanlage, dem nicht nur die behördlichen Bewilligungen nach dem Stmk BauG, sondern auch jene nach dem DMSG fehlten, erfolgte abweichend von der mit den Klägern getroffenen Vereinbarung. Hinzu kam, dass der Einbau auch noch durch einen Eingriff in die Bausubstanz, durch die Inanspruchnahme von allgemeinen Teilen des Hauses und insbesondere durch eine Änderung des denkmalgeschützten Erscheinungsbilds des Hauses vorgenommen wurde. Die Kläger strebten in der Folge eine Auflösung des Bestandsvertrags gemäß § 30 (2) Z 3 erster Fall MRG (Mietrechtsgesetz) an.
Zur rechtlichen Würdigung des Obersten Gerichtshofs:
Nach § 30 (2) Z 3 erster Fall MRG liegt ein erheblich nachteiliger Gebrauch vom Mietgegenstand vor, wenn durch eine wiederholte, länger währende vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur droht. Selbst, wenn durch das nachteilige Verhalten des Mieters wichtige wirtschaftliche oder persönliche Interessen des Vermieters oder anderer Mieter geschädigt oder gefährdet werden, ist von einem erheblich nachteiligen Gebrauch auszugehen.
Nimmt der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters bauliche Veränderungen vor, so rechtfertigt dies die Auflösung des Bestandsvertrages im Sinne des MRG, wenn diese für die Bestandsache erheblich nachteilig sind. Ebenso ausreichend ist es, wenn durch die Veränderungen wichtige wirtschaftliche oder sonstige Interessen des Bestandgebers verletzt werden oder die Gefahr der Verletzung solcher Interessen droht.
Die §§ 30 (2) Z 3 erster Fall MRG sowie §1118 erster Fall ABGB sollen eine Möglichkeit für die Auflösung des Bestandverhältnisses bieten, weil das für sein Weiterbestehen erforderliche Vertrauen weggefallen ist. Grundlage für einen Auflösungsanspruch ist ein vertragswidriges Verhalten. Der Mieter muss sich also so verhalten, dass er nicht mehr vertrauenswürdig ist. Es genügt, dass dem Mieter sein vertragswidriges Verhalten bewusst war oder bewusst sein musste, ein Verschulden ist nicht erforderlich. Eine Abmahnung seitens des Vermieters ist nur dann erforderlich, wenn dem Mieter die Schädlichkeit des Gebrauchs nicht ohne weiteres erkennbar ist.
Grundsätzlich stellen Verstöße des Mieters gegen vertragliche Verpflichtungen an sich noch keinen wichtigen Kündigungsgrund dar. Dies gilt aber nur für Kündigungen aufgrund der Generalklausel des § 30 (1) MRG, nicht auch für den Kündigungsgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs nach § 30 (2) Z 3 MRG, für den die vertragswidrige Benützung des Bestandobjekts Tatbestandsmerkmal ist.
Gemäß § 4 (1) DMSG ist bei Denkmälern, die unter Denkmalschutz stehen, die Zerstörung sowie jede Veränderung, welche die Substanz, die überlieferte (gewachsene) Erscheinung oder künstlerische Wirkung beeinflussen könnte, ohne Bewilligung gem § 5 (1) leg cit verboten. Zielsetzung des Denkmalschutzes ist die Erhaltung der übernommenen schutzwürdigen Bausubstanz, also des Kulturgutes als solches. Nach der Anordnung des § 5 (1) leg cit bedarf die Zerstörung sowie jede Änderung eines Denkmals der Bewilligung des Bundesdenkmalamts, es sei denn, es handelt sich um eine Maßnahme bei Gefahr in Verzug.
In Bezug auf die Tatsache, dass das Objekt im vorliegenden Fall unter Denkmalschutz steht, muss den Klägern jedenfalls ein wichtiges Interesse daran zugestanden werden, dieses Objekt in seiner bestehenden und denkmalgeschützten Form zu erhalten. Änderungen des äußeren Erscheinungsbilds laufen daher ihren Intentionen zuwider. Zudem wurde zwischen den Parteien eine Vereinbarung getroffen, welcher die Beklagten durch die vorgenommenen baulichen Veränderungen zuwider handelten. Irrelevant ist dabei, ob diese Maßnahmen schon zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung gesetzt waren oder erst unmittelbar danach durchgeführt wurden. Im ersten Fall hätten die Beklagten die Vereinbarung in dem Wissen geschlossen, dass sie bereits einen davon abweichenden Zustand geschaffen hatten. Im zweiten Fall musste den Beklagten bewusst sein, dass die Umbaumaßnahmen im Widerspruch zu der unmittelbar davor getroffenen Vereinbarung standen und damit vertragswidrig waren. Durch dieses Vorgehen der Beklagten, von konkreten baulichen Vorgaben der Vermieter, zu deren Einhaltung sie sich ausdrücklich verpflichtet hatten, einseitig abzugehen und zusätzlich die erforderlichen behördlichen Bewilligungen nicht einzuholen, ist das für das Weiterbestehen des Bestandvertrags erforderliche Vertrauen weggefallen und das Vorliegen des Kündigungsgrundes des § 30 (2) Z 3 erster Fall MRG ist damit zu bejahen.
OGH 7 Ob 200/19s
Fazit: Werden an einem denkmalgeschützten Objekt ohne Einholung der erforderlichen behördlichen Bewilligungen bauliche Veränderungen vorgenommen, welche zudem von der mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung abweichen, so liegt ein erheblich nachteiliger Gebrauch iSd MRG vor und das für das Weiterbestehen des Bestandvertrags erforderliche Vertrauen ist weggefallen. Dies rechtfertigt die Auflösung des Bestandsverhältnisses.
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