Im Scheidungsfall kommt es grundsätzlich zu einem Aufteilungsverfahren. Dabei werden die ehelichen Ersparnisse und das eheliche Gebrauchsvermögen aufgeteilt. Für die Ehewohnung gelten nach dem Ehegesetz (EheG) Sonderregeln. Wie verhält es sich, wenn diese im Hälfteeigentum der (Ex-) Ehegatten steht? Unter welchen Voraussetzungen kann der 50%-ige Miteigentumsanteil einem Partner übertragen werden?

Ansicht des OGH

Mit einem solchen Fall hatte auch der Oberste Gerichtshof (OGH) erst kürzlich zu tun. Im Anlassfall wurde der Hälfteanteil am früher als Ehewohnung dienenden Haus dem Mann übertragen. Der Gerichtshof argumentierte dies damit, dass die Ehewohnung demjenigen Ehepartner zu überlassen ist, der darauf im Einzelfall eher angewiesen ist. Das gilt insbesondere, wenn die Beiträge der Ehegatten zum Aufteilungsvermögen gleichgewichtig sind.

Allerdings kann daraus nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass bei unterschiedlich hohen Beiträgen die Zuweisung an den weniger Beitragenden nicht in Betracht käme. Vielmehr sind auch die jeder Partei zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses sonst zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu berücksichtigen – ebenso das Wohl der nicht selbsterhaltungsfähigen Kinder.

Verzicht auf die Nutzung

Ausschlaggebend kann im Einzelfall sein, ob und in welchem Ausmaß die Ehewohnung vom jeweils anderen Partner benutzt wird. Wenn trotz Berechtigung auf die Nutzung verzichtet wurde bzw. bereits ein anderes Haus mit dem Kind und/oder neuen Lebenspartner bewohnt wird, kann darauf geschlossen werden, dass kein Wert mehr darauf gelegt wird, in der früheren Ehewohnung zu leben. Vor allem ist dann nicht davon auszugehen, dass der bereits ausgezogene (Ex-) Ehegatte darauf angewiesen ist. Wer die Wohnung nötiger hat, ist aber stets im Einzelfall nach Billigkeit zu beurteilen (veröffentlicht in OGH 1 Ob 141/21y).

Fazit: Wenn die Beiträge der Ehegatten zum Aufteilungsvermögen gleichgewichtig sind, ist die Ehewohnung demjenigen Ehepartner zu überlassen, der darauf im Einzelfall eher angewiesen ist. VORSICHT: Das bedeutet nicht, dass bei unterschiedlich hohen Beiträgen die Zuweisung an den weniger Beitragenden nicht in Betracht käme. Die Entscheidung ist nach Billigkeit zu treffen, wobei auch zu berücksichtigen ist, welche Möglichkeiten den Parteien sonst zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses zur Verfügung stehen. Wer trotz Berechtigung kein Interesse an der Nutzung zeigt, sollte sich daher nicht wundern, wenn dies mitberücksichtigt wird.

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