Mit dem Begriff Servitut wird die Dienstbarkeit an einer fremden Sache bezeichnet, die entweder eine Duldung oder eine Unterlassung begründen kann. Mit anderen Worten heißt das, dass der Eigentümer das dienende Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzen kann. Doch wie sieht es aus, wenn Ausmaß und Umfang dieses eingeräumten Rechts nicht näher festgelegt sind? Wonach richten sich dann Umfang und Art der Ausübung?

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs (OGH), der sich unlängst mit dieser Frage befasst hat, liegt eine unangemessene Servitut vor, wenn in einem Vertrag eine Servitut bestellt wird, wobei Ausmaß und Umfang des eingeräumten Rechts nicht näher festgelegt werden. Der Umfang richtet sich, ebenso wie die Art der Ausübung, nach dem Inhalt des Titels, bei dessen Auslegung insbesondere der Zweck der Dienstbarkeit zu beachten ist. Maßgebend ist dabei das jeweilige Bedürfnis des herrschenden Guts unter Berücksichtigung seiner ursprünglichen Bewirtschaftungsart und Kulturgattung sowie der vorhersehbaren Art der Ausübung. Wird nicht die Betriebsform des herrschenden Guts wesentlich geändert, so ist für den Umfang der Dienstbarkeit des Fahrrechtes das jeweilige Bedürfnis des Berechtigten maßgebend, soweit der Belastete keine unzumutbare Beeinträchtigung erleidet.

Interessensabwägung

Die Art der Ausübung findet ihre Grenzen in einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Eigentümers des dienenden Gutes. Dem Berechtigten soll der angestrebte Vorteil ermöglicht, dem Belasteten aber so wenig wie möglich geschadet werden. Eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit liegt nur dann vor, wenn das dienende Gut dadurch erheblich schwerer belastet wird. Diese gemäß § 484 ABGB vorzunehmenden Interessenabwägungen sind ebenso wie die Fragen nach Ausmaß und Umfang einer Dienstbarkeit sowie den Grenzen ihrer zulässigen Erweiterung stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und begründen.

Konfliktpotential in der Praxis

Insbesondere ungemessene Servitute führen in der Praxis immer wieder zu Streitigkeiten über deren konkretes Ausmaß und den Umfang. Für den rechtsunkundigen Eigentümer eines dienenden Grundstücks kann mitunter jene Rechtsprechung problematisch sein, wonach für Umfang und Art der Ausübung einer ungemessenen Dienstbarkeit das jeweilige (aktuelle) Bedürfnis des herrschenden Gutes und nicht jenes zum Zeitpunkt der Servitutsbestellung maßgebend ist. Zwar sind nur Bedürfnisse des Berechtigten im Rahmen der ursprünglichen oder vorhersehbaren Art der Ausübung relevant und nach § 484 ABGB ist auch eine Interessenabwägung durchzuführen, doch die Bedürfnisse des Berechtigten werden nach ständiger Rechtsprechung nur dadurch eingeschränkt, dass der Belastete andernfalls eine „erheblich schwerere Belastung“ im Sinne einer unzumutbaren Beeinträchtigung erleiden würde.

Die vorzunehmende Interessenabwägung ist zwar stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig, doch fallen die Erwägungen des Höchstgerichts zur Auslegung einer „erheblich schwereren Belastung“ tendenziell zugunsten des herrschenden Grundstücks aus. In diese ständige Rechtsprechung reiht sich auch die vorliegende Entscheidung nahtlos ein (veröffentlicht in OGH 4 Ob 197/20d).

Fazit: Werden Ausmaß und Umfang des eingeräumten Rechts nicht näher festgelegt, so liegt eine ungemessene Servitut vor. Deren Umfang richtet sich ebenso wie die Art der Ausübung nach dem Inhalt des Titels, bei dessen Auslegung insbesondere der Zweck der Dienstbarkeit zu beachten ist. Eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit liegt nur dann vor, wenn das dienende Gut dadurch erheblich schwerer belastet wird. Nach § 484 ABGB ist eine Interessenabwägung vorzunehmen und stets im Einzelfall zu entscheiden, doch die Erwägungen des Höchstgerichts zur Auslegung einer „erheblich schwereren Belastung“ fallen tendenziell zugunsten des herrschenden Grundstücks aus. Unsere Ansicht: Auch die neueste Entscheidung des OGH verdeutlicht dies, doch in der Praxis umso wichtiger sind eine entsprechende umfassende Aufklärung und explizite vertragliche Ausgestaltung von Servitutsverträgen.

Unsere Mitarbeiter stehen Ihnen telefonisch unter 0463 – 50 00 02 oder per E-Mail unter office@rechtdirekt.at zur Verfügung.

Dieser Beitrag wurde sorgfältig recherchiert und erstellt.

Eine Haftung für die Richtigkeit wird nicht übernommen.