Grundsätzlich muss niemand für fremdes Verhalten einstehen. Es gibt allerdings einige Ausnahmen von dieser Grundregel in den §§ 1313a – 1318 ABGB. Kommt es im Rahmen eines Vertragsverhältnisses zu einem Schaden, so ist dem Schädiger nämlich auch das Verhalten seiner Gehilfen zuzurechnen. Doch wie sieht es für Gehilfen auf der Geschädigtenseite aus? Besteht hier auch eine Haftung – und bejahendenfalls – unter welchen Voraussetzungen?

Erfüllungsgehilfenhaftung

Die größte praktische Bedeutung kommt unter den Ausnahmen der §§ 1312a – 1318 ABGB den Bestimmungen über die Gehilfenhaftung zu. Wurde jemand für fremdes Handeln in Anspruch genommen, kann er Rückersatz wegen Verletzung des Innenverhältnisses verlangen. Es gibt viele Beispiele für fremdes Handeln, doch in Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnis ist vor allem die Erfüllungsgehilfenhaftung des § 1313a ABGB von Interesse: Demnach haftet derjenige, welcher einem anderen zu einer Leistung verpflichtet ist, auch für das Verschulden der Personen, die er zur Erfüllung einsetzt, wie für sein eigenes. Der Geschäftsherr haftet also für das schädigende Verhalten seiner Erfüllungsgehilfen (oder seiner gesetzlichen Vertreter). Die Beurteilung der Haftung wird danach vorgenommen, ob der Gehilfe in das Interessenverfolgungsprogramm des Schuldners und damit in seinen Risikobereich einbezogen war. Mit der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen diese Haftung auch auf Geschädigtenseite besteht, befasste sich der Oberste Gerichtshof (OGH) unlängst.

Analoge Zurechnung nach § 1312a ABGB?

Der Gerichtshof stellte fest, dass dem Geschädigten bei einer vertraglichen Haftung ein Mitverschulden von Gehilfen analog § 1313a ABGB zuzurechnen ist. Wer als Gehilfe im Sinn der Bestimmung betrachtet wird, beurteilte das Höchstgericht wie bei der Gehilfenzurechnung auf Schädigerseite: Weil § 1313a ABGB voraussetzt, dass sich der Schädiger des Gehilfen, dessen Verhalten er sich zurechnen lassen muss, „zur Erfüllung bedient“, ist auch dem Geschädigten ein Gehilfenverhalten nur dann nach § 1313a ABGB als Mitverschulden zuzurechnen, wenn er sich des Gehilfen dazu bedient, Verpflichtungen oder Obliegenheiten aus einer Sonderverbindung mit dem Schädiger wahrzunehmen, etwa solche zur Mitwirkung (veröffentlicht in OGH 3 Ob 188/20y, jüngst beispielsweise auch OGH 8 Ob 9/13a und OGH 4 Ob 204/08s).

Fazit: Grundsätzlich muss niemand für fremdes Verhalten einstehen. Es gibt allerdings einige Ausnahmen von dieser Grundregel – so beispielsweise die Erfüllungsgehilfenhaftung im vertraglichen Bereich, wonach der Geschäftsherr für das schädigende Verhalten seiner Gehilfen haftet, wie für sein eigenes. Die Gehilfenzurechnung ist auf Schädiger- und Geschädigtenseite gleich zu behandeln. Bei der Haftung aus Vertrag kann dem Geschädigten das Verhalten seines Gehilfen analog § 1313a ABGB zugerechnet werden, sofern er diesen eingesetzt hat, um Verpflichtungen oder Obliegenheiten aus der Sonderverbindung mit dem Schädiger wahrzunehmen.

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