Stellt sich der bisher bezahlte Mietzins als überhöht heraus oder hat man eine Reparatur, für welche der Vermieter verantwortlich gewesen wäre, vorfinanziert, so stellt sich häufig die Frage, ob man als Wohnungsmieter Forderungen gegen den Vermieter mit dem Mietzins aufrechnen darf.  In Mietvertrag-Formblättern lassen sich nicht selten Klauseln finden, die eine solche Aufrechnung verbieten. Doch darauf sollte man sich als Mieter nicht ohne weiteres verlassen und es macht auch einen Unterschied, ob es sich beim Vermieter um einen Unternehmer handelt. Das bestätigt eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH).

Zum Sachverhalt:

Der Mieter einer Eigentumswohnung hatte in der Vergangenheit um mehr als 2000 Euro zu viel Zins an seinen Vermieter bezahlt. Er entschied daraufhin, in den nächsten Monaten weniger als vereinbart zu bezahlen. Als der Vermieterin bereits über 700 Euro der Mietzinsraten fehlten, klagte sie die ausständigen Beträge ein, berief sich auf das im Mietvertrag enthaltene Aufrechnungsverbot und verlangte die Räumung der Wohnung. Das Geld, welches sie zuvor zu viel erhalten hatte, hatte sie zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht zurückbezahlt. Da die Vermieterin schon einmal Fehlbeträge eingeklagt hatte und nur hinsichtlich unbezahlter Stromkosten und offener Raten für die Kaution Recht bekommen hatte, ging es im vorliegenden Rechtsstreit nur noch um etwa 400 Euro und das Räumungsbegehren, über das jedoch erst in weiterer Folge entschieden werden muss.

Rechtliche Beurteilung:

Das in einem Mietvertrag enthaltene Aufrechnungsverbot ist rechtswirksam, wenn es sich um einen Vertrag zwischen Verbrauchern handelt. Es muss sich also sowohl beim Mieter als auch beim Vermieter um Verbraucher handeln. Im vorliegenden Fall musste der Mieter daher, trotz seiner weitaus höheren Gegenforderung, die rund 400 Euro samt Zinsen nachzahlen.

Hätte es sich bei der Vermieterin um eine Unternehmerin gehandelt, wäre Verbraucherrecht anzuwenden gewesen und die Klausel als ungültig anzusehen. Zu beachten ist jedoch, dass dem OGH zufolge aus dem bloßen Umstand, dass zwischen einem Vermieter und einem Mieter ein wirtschaftliches Ungleichgewicht bestehen mag, nicht die analoge Anwendung des Konsumentenschutzgesetzes abgeleitet werden darf. Im vorliegenden Fall war auch keine gröbliche Benachteiligung des Mieters gegeben, da er sich schließlich eine andere Wohnung hätte suchen können und es stand ihm auch frei, seine eigene Forderung einzuklagen. Im Mietrechtsgesetz (MRG) selbst ist kein Aufrechnungsverbot verankert, woraus geschlossen werden kann, dass dieses Verbot tatsächlich nur zwischen Unternehmer und Verbraucher und nicht bei allen Mietverträgen ausnahmslos gelten soll.

Abgrenzungskriterien bei Einzelpersonen als Vermieter?

Handelt es sich beim Vermieter um eine GmbH, eine Wohnbaugenossenschaft oder eine Immobilienfirma, so besteht meist kein Zweifel hinsichtlich der Unternehmereigenschaft. Bei Einzelpersonen könnte es allerdings schwierig sein, festzustellen, ob es sich um einen Unternehmer handelt, oder nicht.  Dem OGH zufolge ist ein Vermieter dann Unternehmer im Sinn des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG), wenn er seinerseits andere Unternehmen bzw. Erfüllungsgehilfen beschäftigt. Ein weiteres Indiz für die Unternehmereigenschaft könnte auch der Umstand sein, dass der Vermieter mehrere dauernde Vertragspartner hat, da dies eine nach kaufmännischen Grundsätzen geführte Buchhaltung erfordert. In der Rechtsprechung wurde als Orientierungswert angenommen, dass ein privater Hauseigentümer noch als Verbraucher anzusehen ist, wenn in seinem Haus nicht mehr als fünf Mietgegenstände in Bestand gegeben werden. Das führt zu der Annahme, dass Zinshauseigentümer oft Unternehmerstatus haben, Vermieter einzelner Eigentumswohnungen jedoch eher nicht.

Diese Anzahl von fünf Mietwohnungen stellt allerdings nur einen Richtwert dar, sodass Grenzfälle von den Gerichten stets im Einzelfall zu beurteilen sind. Dabei soll auch darauf geachtet werden, ob zumindest eine, wenn auch nur minimale, unternehmerische Struktur vorliegt.

Für den Vermieter ist ein Unternehmerstatus allerdings nicht immer nur von Nachteil. Abgesehen von steuerlichen Vorteilen gibt es auch zahlreiche staatliche Förderungen für Unternehmen in Krisenzeiten wie diesen. Man darf dabei jedoch nicht vergessen, dass die Kriterien, wann man letztlich als Unternehmer gilt, in verschiedenen Rechtsbereichen unterschiedlich sein können. Ein Unternehmer im Mietrecht ist also nicht auch gleich Unternehmer in allen anderen Bereichen (veröffentlicht in OGH 4Ob71/20z).

Fazit: Für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft kommt es auf den jeweiligen Rechtsbereich an. Für Wohnungsmieter kann es vorteilhaft sein, wenn der Vermieter im Mietrecht Unternehmerstatus hat, denn nur in diesem Fall besteht für ihn die Möglichkeit, sich auf den Verbraucherschutz zu berufen. Aus Vermietersicht wiederum kann es trotz steuerlicher Begünstigungen ein Vorteil sein, nicht als Unternehmer zu gelten. Sind sowohl Mieter als auch Vermieter Verbraucher, so wird das im Mietvertrag enthaltene Aufrechnungsverbot rechtsgültig sein, da es sich um einen Verbrauchervertrag handelt.

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